DIE NARBE – Tracing the Berlin Wall

Sarah • am 08.02.2013 • keine KommentareShare

(Deutsche Originalversion auf Realeyz.tv veröffentlicht)

Almost three years ago the artist Burkhard von Harder realized a film that is not truly suspenseful but yet engaging. He called it DIE NARBE, dedicating it to a 156 km long wall, that today does not exist anymore while still being there: the Berlin Wall.

January 14, 2009 von Harder climbed into a helicopter. Together with pilot Klaus Bobzien and cameraman Evert Cloetens he wants to fly along the route where the Berlin wall once stood between 1961 and 1989. His film is meant to see from a bird’s eye view. One might think, that 2009, 20 years after the fall, the former death strip would not be visible any longer – grown over or built on. But the film is revealing something else: a scar. Not everywhere but in many cases the divide between the two German states is still visible, especially when leading through forests, along waterways or where transfomed by streets.

DIE NARBE is a fascinating film, showing the former demarcation line in real time. Below the viewer lies the city of Berlin, covered under a blanket of white powder, that appears at moments to be black and white. While flying counterclockwise, von Harder and his team began and ended their journey at Airport Schoenefeld – passing the former 14 checkpoints, such as Sonnenallee or Bornholmer Strasse. The film’s audio track marks each one of them with original loudspeaker announcements such as “Grenzkontrollstelle Waltersdorfer Chaussee – Nur West Berliner, Auslaender, nur Flughafen Schoenefeld“ (“Checkpoint Waltersdorfer Chaussee – West-Berliners, foreigners only, only Airport Schoenefeld“). What many are not aware of: The wall was encircling West Berlin, isolating it – an island inmidst the GDR.

The film’s underlying soundtrack is adding to the drive. Percussionist FM EINHEIT, former member of Einstuerzende Neubauten, built soundscapes while incorporating some compositions by soundpioneer Klaus Wiese, that aren’t dry but make the city speak and come alive. Sometimes agitated, sometimes in more meditative mood, the camera is moving along its predesigned path between “Plattenbauten“ (GDR typical concrete apartment blocks) and highways, passing by the Axel Springer High-rise, the Reichstag, through to the Mauerpark, along pastures, lakes with ice floes on top.

In the beginning of the film one can hear the “Studio am Stacheldraht“ (Studio at the Barbed Wire), a mobile loudspeaker system, broadcasting till 1961 open air along the wall into East Berlin. In between taped telephone calls by bold citizens from both sides of the divide, calling East German Government Institutions such as the Ministerium für Staatssicherheit (Ministry of State Security) or the Permanent Representation of the GDR within the FRG. Then dawn sets in. And in the background escalates “Wir sind das Volk!“ (“We are the people!“) and the journey through the countryside turned into a journey through 28 years of history of this “Antifaschistischer Schutzwall“ (Anti Fascist Bulwark).

To Burkhard von Harder this film was an act of liberation, “a late ritual of necessary healing“. This way the wall not only remains visible physically – as relict and memorial to an inhuman division. It survived in the mind of the filmmaker, who stands in for many others who internalized this divide.

79 minutes seem long for such a film. But von Harder turns it into a journey into the past, inspiring questions that lead beyond – since he made the decision not to explain, giving priority to visual immersion. Currently the artist is completing the 16 hour version of the project’s sequel: flying along the 1378 km of the former inner German demarcation line.

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DIE NARBE – Der Berliner Mauer auf der Spur

Vor fast genau drei Jahren realisierte der Künstler Burkhard von Harder einen Film, der nicht wirklich spannend ist, aber dennoch fesselt. Er nannte ihn DIE NARBE und widmete ihn einer 156 Kilometer langen Mauer, die zwar heute nicht mehr steht, aber noch immer vorhanden ist: der Berliner Mauer.

Am 14. Januar 2009 besteigt von Harder einen Helikopter. Gemeinsam mit dem Piloten Klaus Bobzin und dem Kameramann Evert Cloetens will er die Strecke abfliegen, an der zwischen 1961 und 1989 die Berliner Mauer stand. Sein Film soll sie aus Vogelperspektive zeigen. Man könnte meinen, dass 2009, 20 Jahre nach dem Fall der Mauer, der ehemalige Todesstreifen nicht mehr erkennbar wäre – überwuchert oder zugebaut. Doch was der Film zeigt ist etwas anderes: eine Narbe. Nicht durchgängig aber größtenteils ist die Schneise zwischen den zwei deutschen Staaten noch erkennbar, vor allem, wenn sie durch Wälder führt, am Wasser entlang oder Straßen an ihrer Stelle stehen.

„Die Narbe“ ist ein faszinierender Film, der die Flugstrecke in Echtzeit zeigt. Unter dir Berlin, eingehüllt in eine Puderzucker-Schneedecke, die den Film an einigen Stellen schwarz-weiß erscheinen lässt. Von Harder und sein Team begannen und endeten ihre Rundreise am Flughafen Schönefeld und flogen gegen den Uhrzeigersinn – vorbei an den 14 Straßengrenzübergangsstellen, wie Sonnenallee oder Bornholmer Straße. Im Film wird jede davon markiert von Original-Lautsprecheransagen wie „Grenzkontrollstelle Waltersdorfer Chaussee – Nur West-Berliner, Ausländer. Nur zum Flughafen Schönefeld!”. Was vielen gar nicht bewusst ist: Die Mauer kreiste West-Berlin ein und isolierte es – ein Eiland innerhalb der DDR.

Untermalt wird die Reise von Musik, die dem Film den nötigen Drive verpasst. Percussionist FM Einheit, ein ehemaliges Mitglied der Einstürzenden Neubauten, kreierte unter Verwendung von Kompositionen des Klangforschers Klaus Wiese Soundlandschaften, die nicht karg sind sondern die Stadt sprechen lassen. Mal aufgeregt, mal meditativ schlängelt sich die Kamera ihren vorgeschriebenen Weg entlang, zwischen Plattenbauten und Autobahnen, vorbei am Axel-Springer-Hochhaus, am Reichstag, durch den Mauerpark, über Wiesen, Felder, Seen mit Eisschollen drauf.

Anfangs ertönen Tonaufnahmen des Studios am Stacheldraht, einer mobilen Lautsprecherstation, die bis 1965 entlang der Mauer in den Ostteil ausstrahlte. Zwischendrin aufgezeichnete Telefonanrufe von mutigen Ost- und Westbürgern bei DDR-Institutionen wie der Staatssicherheit oder der Ständigen Vertretung der DDR in der BRD. Dann setzt die Dämmerung ein. Und im Hintergrund erschallt „Wir sind das Volk!“ So führt die landschaftliche Reise gleichzeitig durch die 28-jährige Geschichte dieses „antifaschistischen Schutzwalls“.

Für Burkhard von Harder bedeutete dieser Film eine Art Befreiungsschlag, ein „spätes Ritual einer notwendigen Heilung“. So ist die Narbe nicht nur physisch sichtbar – als Relikt und als Mahnmal für eine unmenschliche Teilung. Sie blieb auch im Kopf des Regisseurs, der hier beispielhaft für viele andere Zerrissene steht.

79 Minuten erscheinen lang für so einen Film. Doch von Harder macht daraus eine Reise in die Vergangenheit, die dazu anregt, mehr erfahren zu wollen – weil sie Erklärendes bei Seite und dem visuellen Eindruck den Vorrang lässt. Zur Zeit arbeitet der Künstler an einer 15-stündigen Fortsetzung, in der er die 1378 Kilometer lange ehemalige innerdeutsche Grenze abfliegt.

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